Die Resonanzen im Zweitaktauspuff
Hier möchte ich erklären, was die Abgase im Auspuff unserer Mopeds
so machen und warum die Auspuffanlagen so sind wie sie sind. Vorab
eine Skizze eines Zweitaktmotors mit Auspuf, damit Ihr wisst, von
was ich spreche. Ja, ich weiß, hier ist wiedermal ein Kreidler
Motor abgebildet, aber ich habe kein anderen. Ich verspreche das
die Auspuffanlagen der anderen Mopedhersteller ganz genauso
funktionieren.
Bei allen Zweitakt Auspuffanlagen ist am Ende, wo die Abgase nach
außen treten, ein Engpass. Das ist Absicht und auch wichtig für
die Funktion. Damit ist gewährleistet das im Auspuff immer ein
leichter Überdruck besteht. Denn die leistungssteigernden
Druckwellen, laufen in einem etwas höheren Druck energiereicher
und schneller. Ein vergrößern dieses Engpasses führt immer zu
einem niedrigeren Überdruck im Auspuff und zu einem
Leistungsverlust des Motors.
Das passiert im Motor
Der Kolben steht oben und das Luft Benzingemisch ist verdichtet,
jetzt wird dieses durch die Zündkerze angezündet. Wenn die
Flammfront von der Zündkerze in der Mitte bis zum Zylinderrand
durchgebrannt ist, entstehen Temperaturen im Brennraum von bis zu
2500°C. Durch den dabei entstehenden Explosionsdruck wird der
Kolben nach unten gedrückt und die entstehende Energie über die
Kurbelwelle an das Hinterrad weitergeleitet.
Der hinuntergehende Kolben erweitert den Brennraum und der Druck
sinkt darin. Durch den sinkenden Druck sinkt auch die Temperatur
der Verbrennungsgase. Beim Öffnen des Auslasskanals beträgt die
Temperatur der Verbrennungsgase bei unseren Zweitaktmopeds
durchschnittlich 600°C. Bei hochdrehenden Motoren etwas mehr, bei
Drosselmotoren etwas weniger.
Mit der Öffnung des Auslasskanals jagen die Abgase explosionsartig
mit einem lauten Knall in den Auspuff. Sie sind schneller als die
Schallgeschwindigkeit. Die Schallgeschwindigkeit in normal
temperierter Luft, bei üblichen Luftdruck beträgt rund 340m/s. Im
Auspuff sind die Abgase durch die höhere Temperatur und den
erhöhten Druck etwas schneller, so bei rund 400m/s. Das ist aber
nur ein mittlerer Wert, weil die Temperatur und der Druck im
Auspuff von Motortyp zu Motortyp unterschiedlich ist.
Der Kolben öffnet zuerst den Auslasskanal. Dabei jagt der erste
Teil der Abgase mit angenommenen 400 m/s durch den Krümmer. Wenn
die Abgase den Konus erreichen, werden sie nicht langsamer, aber
sie dehnen sich aus. Durch diese Ausdehnung entsteht ein
Unterdruck, der die restlichen Abgase aus dem Brennraum saugt.
Idealer weise erreichen die Abgase den Konus genau dann, wenn
zusätzlich zu dem Auslass auch die Überströmkanäle öffnen. Dann
ist nämlich der hohe Explosionsdruck im Auspuff und die
verbleibenden Abgase müssen durch den viel niedrigeren
Kurbelgehäusedruck durch die Überströmkanäle mit Frischgas
rausgeschoben werden. Dabei hilft der temporäre Unterdruck im
Krümmer so stark mit, das ein Teil des Frischgases in den Krümmer
entweicht.
Die Druckwelle sollte die Prallplatte idealer weise dann
erreichen, wenn der Kolben am unteren Totpunkt angekommen ist. Die
Prallplatte ist gar keine Platte, sondern eine Halbkugel mit
Löchern. Damit wirkt die Prallplatte wie ein kurzer Gegenkonus,
der einen Teil der Druckwelle reflektiert und diese zurück
Richtung Zylinder laufen lässt. Im Konus wird diese zurücklaufende
Welle zusammengedrückt, was sie nochmal verstärkt und zurück in
den Krümmer schiebt. Idealer weise kommt sie am Zylinder an, nach
dem die Überströmkanäle wieder verschlossen sind, aber der
Auslasskanal noch geöffnet ist. Dann schieben die rücklaufenden
Abgase das in den Krümmer entwichene Frischgas zurück in den
Zylinder, erhöhen so noch mal die Verdichtung und verbessern die
Zylinderfüllung.
Jetzt wird das Frischgas vom Kolben weiter verdichtet, die
Zündkerze zündet und das ganze geht wieder von vorne los. Mehrere
tausend mal in der Minute.
Hier habe ich die "Zweitakt Steuerzeitenblume"
um die Resonanzen im Auspuff ergänzt. Das erklärt nochmal das oben
geschriebene und verdeutlicht es nochmal:
Hier in der Steuerzeitenblume ist der Idealfall
abgebildet.
Die Resonanzen im Auspuff passen nur bei der ausgelegten
Nenndrehzahl optimal, da hat der Motor auch die größte
Leistung.
- Bei niedrigen Drehzahlen sind die Resonanzen zu
schnell, sie sind zu früh zurück am Brennraum, es wird
Abgas zurück in den Brennraum gedrückt. Bei ganz niedrigen
Drehzahlen sind die Überströmer noch geöffnet, so das die
Druckwelle aus dem Auspuff den Überströmvorgang behindert.
Beides führt zu schlechten Zylinderfüllungen und zu einem
mehr oder weniger großen Leistungsabfall.
- Bei sehr hohen Drehzahlen, die man Bergab und bei
Rückenwind erreicht, sind die Resonanzen zu langsam, die
Druckwelle kommt zu spät, es verbleibt Frischgas im
Krümmer, so das die Zylinderfüllung und somit die
Motorleistung wieder abfällt.
So erklärt sich auch das Zweitakttypische
Leistungsdiagramm, bei der die Leistung bei
Auslegungsdrehzahl immer am besten ist, darunter und
darüber aber abfällt.
Mehr über die
Kreidler Leistungskurven findet Ihr hier!
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Diese in weiten Drehzahlbereichen ungünstige Zylinderfüllung und
damit einhergehende schlechte Abgaswerte, sind auch der Grund,
warum bei uns keine neuen leistungstarken Zweitakter mehr
zugelassen werden!
Was bewirken Änderungen am Auspuff?
Betrachten wir uns mal einen Rennauspuff, auch Rennbirne oder
Resonanzauspuff genannt, wobei der Begriff "Resonanzauspuff" auch
für die meisten Serien-Zweitakt-Auspuffanlagen gilt, weil die auch
mit Resonanzen arbeiten, nur nicht so effektiv.
Bei diesen "Tuning" Auspuffanlagen fällt auf, das diese im
Mittelteil deutlich dicker sind, als die Serienanlagen. Das macht
man deshalb, weil ein weiter aufgeweiteter Konus den
Saug-Druckeffekt verstärkt und so den Motor noch stärker beim
Spülen und Nachladen unterstützt. Diese Auspuffanlagen haben auch
einen Gegenkonus, der die Prallplatte ersetzt. Dieser Gegenkonus
verlängert die Zeit in dem die Druckwelle reflektiert wird und
erhöht so die Elastizität der hochgezüchteten Motoren. Diese
Auspuffanlagen werden von Profis aufwendig berechnet, getestet und
speziell für leistungsgesteigerte Motoren ausgelegt. Auf einen
Serienmotor montiert bewirken sie ohne Anpassungen meistens einen
Leistungsverlust.
Am
effektivsten ist ein Auspuff, wenn er auf die Drehzahlen des
Motors angepasst ist. Verbaut man auf einem Mokick einen
Kleinkraftradauspuff, kommt die Druckwelle viel zu früh zurück und
behindert den Spülvorgang, was zu einem Leistungsverlust führt.
Hier habe ich die verschiedenen
Kreidler Serien Auspuffanlagen beschrieben. Man kann da
schön sehen, wie die Auspuffanlagen mit steigender Leistung und
höherer Drehzahl immer kürzer wurden.
Eine Zusammenfassung der Lauflängen
vieler Kreidler Auspuffanlagen habe ich hier
zusammengestellt.
Jetzt betrachten wir mal rein theoretisch die Einzelteile der
Auspuffanlage und was passiert, wenn man diese verändert:
Der Krümmer sollte idealer weise so lang sein, wie die
Strecke, die die Abgase in der Zeit des Vorauslasses zurücklegen,
also die Zeit von der Öffnung des Auslasskanals bis zur Öffnung
der Überströmkanäle.
- Verkürzt man dem Krümmer setzt die Saugwirkung früher ein,
obwohl man diese noch nicht benötigt, weil im Brennraum noch
genügend Überdruck herrscht.
- Verlängert man den Krümmer, setzt die Saugwirkung später ein und
man verliert etwas Unterstützung beim Spülvorgang.
Der Weg Anfang Konus (Diffusor) bis Prallplatte sollte
idealer weise so lang sein wie die Strecke, die die Abgase von
Öffnung der Überströmer bis Kolben unterer Totpunkt zurücklegt.
Der Abstand vom Ende Konus (Diffusor) bis Prallplatte
sollte so Erfahrungsgemäß um die 10 bis 15cm liegen.
Der Konus erzeugt einen Unterdruck, die Prallplatte erzeugt einen
Überdruck. Wenn der Konus die Prallplatte zu nahe aneinander sind,
heben sich beide Drücke zum Großteil wieder auf und der Auspuff
funktioniert nicht.
- Verkürzt man den Weg zur Prallplatte, ist die Abgasdruckwelle
schneller zurück am Auslass und behindert den Spülvorgang.
- Verlängert man den Weg zur Prallplatte, braucht die
Abgasdruckwelle länger und kommt erst dann zurück, wenn der Kolben
den Auslasskanal schon verschlossen hat.
Schalldämpfer (Flöte) und Endkappe, sind beide extra als
Engpass ausgeführt um den Druck im Auspuff selbst zu erhöhen. Im
leichten Überdruck sind die leistungsteigernden Druckwellen
schneller und entwickeln mehr Energie, was den Saug- und
Nachladevorgang effektiv verstärkt. Der letzte RS Auspuff hatte 8
Löcher mit 11mm Durchmesser in der Prallplatte, im Schalldämpder
aber nur 2 Löcher mit 8mm Durchmesser. Das war keine
Drosselmaßnahme, Motoren mit zusätzlichen Löchern im Schalldämpfer
sind lauter und haben weniger Durchzug.
Änderungen an der Auspuffanlage alleine sind immer
Kontraproduktiv. Erst wenn der Motor so verändert wurde, das er
höhere Drehzahlen erreicht, macht eine Anpassung der Auspuffanlage
Sinn.
Sonderfall Drosselmotoren
Die Mofamotoren sind auf 25km/h eingedrosselt. Moped und
Mokickmotoren sind auf 40 km/h eingedrosselt. Diese
Motoren sind so konstruiert, das beim Überström- und
Spülvorgang kein Frischgas in den Krümmer gelangt. Die
Steuerzeiten sind so "zahm" das der Kolben schon
abriegelt, bevor der Zylinder komplett gefüllt ist. Für
die geforderte niedrige Leistung ist so eine Teilfüllung
durchaus ausreichend.
Daher sind diese Drosselauspuffanlagen so konstruiert, das
darin überhaupt keine Resonanzen entstehen. Bis Anfang der
70er Jahre hatten die Kreidler Mofas, Mopeds und Mokicks
eine Auspuffanlage ohne Konus. Da keine Druckwelle
entstehen sollte, brauchte diese auch nicht verstärkt
werden, also hat man den Konus gleich weggelassen und die
Auspuffanlagen sahen aus wie eine Zigarre. Trotz dem hat
man den Krümmer weit in den Auspuff hinein ragen lassen,
um gänzlich zu verhindern, das eine Druckwelle zurück zum
Zylinder läuft. Hier zwei Beispiele so einer "Zigarre":
Ab Anfang der 70er Jahre hat man bei den Mofa und Mokick
Auspuffanlagen aus, meines Erachtens, optischen Gründen
einen Konus verbaut. Dieser Konus wurde aber mit einem
weit in den Auspuff reinragenden Krümmer ad absurdum
geführt.
Alle diese Drosselauspuffanlagen sind nur Schalldämpfer
und Beruhigungskammer. Da spielt die Lauflänge keine
Rolle. Man hat die Länge dieser Drosselauspuffanlagen
ausschließlich nach optischen Gesichtspunkten schön kurz
und kompakt gestaltet. Ein einkürzen des Krümmers bewirkt
eine viel zu kurze Lauflänge, mit all ihren Nachteilen.
Trotzdem werden dadurch die Drosselmotoren etwas
entdrosselt, aber optimal laufen sie damit nicht.
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